Am häufigsten fallen Überstunden am Ende der geplanten Schicht an.
Eigentlich will sich Erika um 20:00 Uhr schnell umkleiden und ab zur U-Bahn. Doch am Donnerstag läuft es wieder einmal nicht glatt. Wegen der bekannten Probleme mit zwei Geräten dauert es deutlich länger, bis die wichtigen Untersuchungsergebnisse vorliegen. Erika kommt darum erst um 21:15 Uhr raus. Und sie muss fast 25 Minuten auf die U-Bahn warten.
Übertrag | Mo | Di | Mi | Do | Fr | Sa | So | Bilanz | Übertrag | ||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
E. Gaal | +13,2h | Plan | F | F | F | S | S | x | x | 38,5h | +13,2h |
38,5h 7,7h, 10h |
Ist | 8,9 | |||||||||
3,6h | 1,2 | 4,8h |
Erika Gaal muss diesen Übergriff nur dann hinnehmen, falls sie jede der folgenden drei Fragen mit einem klaren »Ja“ beantwortet:
Ein/e Vorgesetzte/r hat die Überarbeit im Anschluss angeordnet.
Im Arbeitsvertrag oder im vereinbarten Tarif ist eine Verpflichtung zur Leistung Überstunden oder »Mehrarbeit“ festgeschrieben.
Falls es eine/n Betriebsrat / Personalrat / Mitarbeitervertretung gibt: Dieses Gremium hat der Änderung des Arbeitsende zugestimmt.
Erika mag selbst glauben, ihre zusätzliche Arbeit sei notwendig. Doch es kommt auf den Arbeitgeber an. Erika sollte ihn bitten, klar anzuweisen, was er will.
»Eine Überstundenanordnung im Sinne des § 17 BAT setzt nicht notwendigerweise voraus, dass Zahl und Lage der Überstunden im voraus festgelegt werden. Es genügt, dass ein
Arbeitsauftrag mit der Weisung verbunden ist, ihn innerhalb einer bestimmten Zeit ohne Rücksicht
auf die regelmäßige Arbeitszeit auszuführen. Eine solche Weisung kann sich auch aus
den Umständen ergeben.«
(BAG, 4. Senat, Urteil vom 28.11.1973 - 4 AZR 62/73)
Erika kann nachlesen, ob sie sich überhaupt auf Überstunden einlassen muss — im Arbeitsvertrag oder im dort vereinbarten Tarif.
»Aus Artikel 2 Absatz 1 dieser Richtlinie [91/533/EWG des Rates vom 14.10.1991 über die Pflicht des
Arbeitgebers zur Unterrichtung des Arbeitnehmers] folgt jedoch die Verpflichtung des Arbeitgebers,
den Arbeitnehmer von einer - einen wesentlichen Punkt des Arbeitsvertrags oder des Arbeitsverhältnisses
darstellenden - Vereinbarung in Kenntnis zu setzen, wonach der Arbeitnehmer auf bloße Anordnung
des Arbeitgebers zur Leitung von Überstunden verpflichtet ist.«
(EuGH am 08.02.2001, C-350/99)
Diese Unterrichtung muß schriftlich im Arbeitsvertrag erfolgen. Es genügt ein Hinweis auf die einschlägigen Rechts- und Verwaltungsvorschriften bzw. Satzungs- oder Tarifvertragsbestimmungen. Fehlt eine derartige Vereinbarung, fehlt es auch an der grundsätzlichen Verpflichtung des Arbeitnehmers, Überstunden oder Mehrarbeit zu leisten.
BAT : Im »alten“ BAT und seinen Nachahmern fehlt eine solche Verpflichtung zu Mehrarbeit und Überstunden.
BAT-KF : Als Ausgleich für die kargen Entgelte machen die evangelischen Tarifexperten die Überstunden selten -
(6) Überstunden sind die Arbeitsstunden, die die oder der Mitarbeitende über den dienstplanmäßigen oder betriebsüblichen Umfang hinaus geleistet hat, soweit sie die regelmäßige Arbeitszeit (§ 6 Abs.1 und die entsprechenden Sonderregelungen hierzu) in der Woche überschreiten und später als am Vorvortag angeordnet sind. Sie werden als Arbeitszeit im Sinne von § 6 Abs.1 angerechnet.
Ganz deutlich: Um im BAT-KF eine verpflichtende Überstunde entstehen zu lassen
AVR DD (AVR DW EKD): Praktisch sind Überstunden hier fast unmöglich -
(4) Überstunden entstehen, wenn die monatliche Plusstundengrenze von 30 Stunden (§ 9b Abs. 5 Unterabs. 2) auf Basis der monatlichen Soll-Arbeitszeit einer vollbeschäftigten Mitarbeiterin bzw. eines vollbeschäftigten Mitarbeiters überschritten wird, sofern diese Arbeitsstunden angeordnet oder genehmigt sind.
Kaum zu glauben: Erst jenseits der sagenhaften Grenze von rund 197 Stunden (Monatssoll plus 30 bereits im Dienstplan vorgesehene Plusstunden) beginnt
die Verpflichtung zu Überstunden. Bis dahin fehlt allen Anordnungen eine rechtliche Grundlage.
Erika kann sicher gehen. Sie kann ihren Betriebsrat / Personalrat oder die Mitarbeitervertretung fragen: »Kann ich mich darauf verlassen, dass ihr keiner Änderung meiner Arbeitszeit zustimmt, ohne mich zu fragen?«
»Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats hinsichtlich einer vorübergehenden Verlängerung der Arbeitszeit für das Krankenpflege- und Küchenpersonal nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG ist nicht gemäß § 118 Abs. 1 BetrVG deswegen ausgeschlossen, weil der Arbeitgeber karitativen Zwecken dient und deswegen als sog. Tendenzbetrieb anzusehen ist.«
»Dem Arbeitgeber bleibt noch ein erheblicher Entscheidungsspielraum, so dass auch ein Bedürfnis für ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei der Anordnung von Überstunden bestehen bleibt.«
(BAG, Beschluss 04.12.1990 - 1 ABR 3/90)
Wir betrachten beim Tarifvertrag zunächst
Die Verpflichtung regelt der TV AWO nrw § 12 Abs. 7 gleichlautend zu TVöD § 6 Abs. 5.
Das Ausgleichsversprechen formuliert der TV AWO nrw §§ 14 (Abs. 1 und 3) und 15 gleich und ebenso weitgehend auch die Höhe im Nachklang zum Vorbild TVöD § 8 Abs. 1, 2 und § 10 (Arbeitszeitkonto).
Die zunächst vorausgehende Begriffsbestimmung der Mehrarbeit des TV AWO nrw in § 13 Abs. 5 folgt dem TVöD § 7 Abs. 6. Leider wichen dann die Verhandler/innen des TV AWO bei der Begriffsbestimmung der Überstunden vom Vorbild des TVöD dramatisch ab.
Denn die für uns nützlichen Entscheidungen des BAG (zuletzt BAG Urteil 23.03.2017 – 6 AZR 161/16) betreffen gerade den TVöD § 7 Abs. 8 c, also dessen spezielle Begriffsbestimmung für die Schichtarbeitenden, hier die beiden Fallalternativen überraschende und überplante Überstunden.
Der TV AWO nrw hat bewusst genau den durch das BAG ausgeurteilten TVöD § 7 Abs. 8 c nicht übernommen. Dasselbe gilt für seine Nachahmer in anderen räumlichen Geltungsbereichen.
Uns bleibt TV AWO nrw § 13 Abs. 6:
(6) Überstunden sind die auf Anordnung geleisteten Arbeitsstunden, die über die im Rahmen der regelmäßigen Arbeitszeit (§ 12) für die Woche dienstplanmäßig bzw. betriebsüblich festgesetzten Arbeitsstunden hinausgehen,
sofern sie nicht in dienstplanorganisierten Einrichtungen (Schicht-/Wechselschicht) innerhalb von vier Wochen und in sonstigen Einrichtungen bis zum Ende der darauf folgenden Woche ausgeglichen werden.
Anstelle des Ausgleichszeitraumes von vier Wochen kann der Ausgleich auch innerhalb des Kalendermonats erfolgen, in dem die Arbeitsstunden nach Satz 1 angefallen sind. Überstunden sind auf dringende Fälle zu beschränken und möglichst gleichmäßig auf die Beschäftigten zu verteilen.
»Unter Überstunden i.S.d. § 17 Abs. 1 BAT sind Arbeitsstunden zu verstehen, die über die im Rahmen der regelmäßigen Arbeitszeit vollzeitbeschäftigter Angestellter (§ 15 Abs. 1 bis 4 BAT und die entsprechenden Sonderregelungen hierzu) für die Woche dienstplanmäßig bzw. betriebsüblich festgesetzten Arbeitsstunden hinausgehen. Die betrieblich festgelegte regelmäßige Arbeitszeit von grundsätzlich durchschnittlich 38,5 Stunden wöchentlich hat die Klägerin jedoch nach den bindenden tatrichterlichen Feststellungen nicht überschritten. […]
Die Regelung verstößt dadurch, daß sie bei Vollbeschäftigten wie bei Teilzeitbeschäftigten als Überstunden nur Arbeitsstunden bezeichnet, die über die im Rahmen der regelmäßigen Arbeitszeit von 38,5 Stunden wöchentlich dienstplanmäßig bzw. betriebsüblich festgesetzten Arbeitsstunden hinausgehen, und nur für diese Stunden Zeitzuschläge vorsieht, nicht gegen das gemeinschaftsrechtliche Lohngleichheitsgebot für Männer und Frauen (Art. 119 EGV, Richtlinie Nr. 75/117/EWG). […]
Leistet der teilzeitbeschäftigte Angestellte Arbeitsstunden, die über die im Rahmen der regelmäßigen Arbeitszeit für die Woche dienstplanmäßig bzw. betriebsüblich festgesetzten Arbeitsstunden hinausgehen, erhält er ebenso wie der vollbeschäftigte Angestellte den Zeitzuschlag nach § 35 Abs. 1 BAT. Dies ergibt sich daraus, daß nach § 34 Abs. 1 Satz 3 Halbs. 2 BAT § 17 Abs. 1 BAT unberührt bleibt. […]
Einen besonders eindeutigen Hinweis auf den Zweck des Belastungsschutzes enthält schließlich § 17 Abs. 5 BAT, wonach Überstunden grundsätzlich durch entsprechende Arbeitsbefreiung auszugleichen sind. Demgegenüber können die Arbeitsstunden, die der teilzeitbeschäftigte Angestellte über die mit ihm vertraglich vereinbarte Arbeitszeit hinaus leistet, entweder durch Freizeit ausgeglichen oder bezahlt werden (§ 34 Abs. 1 Satz 1 BAT).«
(BAG, Urteil 25.07.1996 – 6 AZR 335/95)
TV AWO nrw kennt keine dem BAT § 34 (Vergütung Nichtvollbeschäftigter) entsprechende allein auf Teilzeitbeschäftigte beschränkte Reglung für Freizeitausgleich. Diese Rechtsprechung ist längst überholt; zunächst durch das TzBfG, in Kraft seit Anfang des Jahres 2001, – dann durch die geänderte Sicht des EuGH – und zuletzt durch deren Umsetzung in die Entscheidungen des BAG:
»Der EuGH hat sich inzwischen von seiner früheren Betrachtung der Entgeltgleichheitsregeln gelöst. Sie verengt den Blickwinkel zu sehr darauf, dass sowohl Teilzeit- als auch Vollzeitbeschäftigte erst dann Überstundenzuschläge erhalten, wenn die Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten überschritten ist. Die Belastungsgrenzen für Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigte scheinen zwar identisch festgelegt zu sein. Die formale Gleichbehandlung mit Blick auf die Gesamtvergütung führt aber zu einer Ungleichbehandlung.«
(BAG, Urteil 23.03.2017 – 6 AZR 161/16)
»Eine tarifvertragliche Bestimmung, nach der ein Anspruch auf Mehrarbeitszuschläge erst besteht, wenn die für eine Vollzeittätigkeit maßgebliche Stundenzahl überschritten wird, verstößt gegen § 4 Abs. 1 TzBfG.«
(BAG, Urteil 19.12.20187 – 10 AZR 231/18)
Zunächst darf dabei also der Verweis im TV AWO nrw auf die regelmäßige Zeitschuld aus § 12 nicht als zusätzliche Grenzmarke missverstanden werden. Es handelt sich hierbei nur um den Bezug auf die im Vertrag »regelmäßige« wochendurchschnittlich bestimmte Zeitschuld. Im der – meist obersten – Planzeile des Dienstplans wird Woche für Woche ein Teil der regelmäßigen Zeitschuld festgelegt / festgesetzt, schwankend in ihrer wöchentlichen Menge, ausgeglichen erst im durch die Betriebsparteien in Lage und Länge festgelegten Zeitraum. Die recht dürftigen Grenzen dieser Ausgleichsregelungen beschreibt TV AWO nrw § 12 Abs 2.
Dies alles bildet den planerischen Rahmen des TV AWO nrw § 12 . Manchmal aber fordert der Arbeitgeber überraschend über diesen Rahmen hinaus Arbeit ab.
Fallgestaltungsalternative 1a (Satz 1, dienstplanorganisierte Einrichtung mit Schicht-/Wechselschicht):
TV AWO nrw Abs. 6 beschreibt, ganz ähnlich früher dem BAT und noch ähnlicher dem TVöD in § 7 Abs 7 für die Normalarbeit, einen Bezugszeitraum »die Woche«. Wir dürfen dies als »Kalenderwoche« lesen. Noch nicht Überstunden, sondern zunächst nur Überstundenchancen entstehen, sobald die im Plan festgesetzte Stundenanzahl durch Anordnungen überschritten wird (überraschend).
Überstunden entstehen, falls diese Chance nicht durch einer weitere Überraschung, dem Ausgleich vereitelt wird. Dieser Ausgleichszeitraum ist begrenzt auf die vier Wochen vor und die vier Wochen nach der Leistung der Arbeitsstunde. Es kann auch ein anderer, deutlich kürzerer Ausgleichszeitraum gewählt werden, nämlich der Kalendermonat der Leistung. Die Wahl unterliegt wohl der Mitbestimmung.
Der TVöD kennt gerade bei der Schicht- und Wechselschichtarbeit keinen Ausgleich über den Tag der Leistung hinaus. Der 6. Senat des BAG erkannte hier die Absicht, die besondere Belastung besonders auszugleichen. Der TV AWO nrw zielt stattdessen auf eine Flexibilisierung zulasten gerade der Schichtarbeitenden.
Fallgestaltungsalternative 1b (Satz 1, dienstplanorganisierte Einrichtung mit Schicht-/Wechselschicht)
Überplanung, also die Heranziehung über die vertraglich vereinbarte Zeitschuld hinaus, übersteigt den Rahmen der regelmäßigen Arbeitszeit (§ 12). Sie wird zunächst als Überstundenchance geleistet und zwar mit dem Übersteigen der Zeitschuld am Ende des Ausgleichszeitraums. Ihr Ausgleich binnen der vier vorangehenden oder nachfolgenden setzt voraus, dass an einem bestimmten Tag von im Plan festgesetzter Arbeitszeit im entsprechenden Umfang freigestellt wird.
Fallgestaltungsalternative 2a (Satz 1, sonstige Einrichtung mit oder ohne Schicht-/Wechselschicht):
Für die Kindergärten, Sozialarbeit und Verwaltung übernimmt der TV AWO nrw inhaltlich die Regelung des TVöD , § 7:
Überstundenchancen entstehen, wenn die im Plan festgesetzte Stundenanzahl durch Anordnungen überschritten wird (überraschend). Überstunden entstehen, falls diese Chance nicht durch eine weitere Überraschung, dem Ausgleich bis zum Ende der Folgewoche vereitelt wird.
Fallgestaltungsalternative 2b (Satz 1, sonstige Einrichtung mit oder ohne Schicht-/Wechselschicht)
Überplanung, also die Heranziehung über die vertraglich vereinbarte Zeitschuld hinaus, übersteigt den Rahmen der regelmäßigen Arbeitszeit (§ 12). Sie wird zunächst als Überstundenchance geleistet und zwar mit dem Übersteigen der Zeitschuld am Ende des Ausgleichszeitraums. Ihr Ausgleich bis zum Ende der Folgewoche setzt voraus, dass an einem bestimmten Tag von im Plan festgesetzter Arbeitszeit im entsprechenden Umfang freigestellt wird.
Die Fallgestaltungen 1a und 2a des TV AWO nrw erfassen die überraschenden oder überplanten Arbeitsstunden von Vollzeit- wie Teilzeitbeschäftigten ohne Unterschied. Einer gerichtlichen Klärung bedarf es nicht.
Der Begriff der Mehrarbeit – im TV AWO nrw § 13 Abs. 5 – bleibt allenfalls für geplante im Ausgleichszeitraum nicht ausgeglichene Arbeitsstunden. Es handelt sich dabei um Stunden, die eben keine Überstunden sind und die im Ausgleichszeitraum nicht ausgeglichen werden (Überplanung). Sie sind entsprechend TV AWO nrw § 14 Abs. 3 mit dem Stundenentgelt zu vergüten, der Vollzeit- genau wie der Teilzeitbeschäftigten.
Die Betriebsräte bestimmen aufgrund BetrVG § 87 Abs. 1 nr. 3 die überraschenden Arbeitsstunden mit; sie sollten es jedenfalls. Schon bei der bloßen Überplanung sind etliche überfordert. Entstandene Überstunden können zwar ausschließlich über Vergütung ausgeglichen werden; doch in den Betrieben blüht der tarifwidrige Freizeitausgleich.
Es ist ein Leichtes, wenn die Betriebsräte ihre zwingend notwendige Zustimmung zur Längerarbeit jeweils von der Vorab-Klärung abhängig machen. Handelt es sich bei der beabsichtigten Belastung –
Die Tarifregeln (Verpflichtung, Ausgleich) können durch die Betriebsräte nicht neuverhandelt werden.Wir unterstützen, die Ansprüche mit Hinweis auf BGB § 288 Abs. 5 (Verzugspauschale 40 €) geltend zu machen.
Der Bundes-Angestellten-Tarifvertrag in kirchlicher Fassung gilt
(6) Überstunden […] werden als Arbeitszeit im Sinne von § 6 Abs. 1 angerechnet. Im Übrigen wird der Zeitzuschlag für Überstunden (§ 8 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a) gezahlt, soweit nicht § 8 Satz 4 angewendet wird.
(1) Der/Die Mitarbeitende erhält neben dem Entgelt für die
tatsächliche Arbeitsleistung Zeitzuschläge. [...]
Auf Wunsch der/des Mitarbeitenden können, soweit die betrieblichen/dienstlichen Verhältnisse es zulassen, die nach Satz 2 zu zahlenden Zeitzuschläge entsprechend dem jeweiligen Vomhundertsatz einer Stunde in Zeit umgewandelt und ausgeglichen werden. Dies gilt entsprechend für Überstunden als solche.
Protokollerklärung zu Absatz 1 Satz 1:
Bei Überstunden richtet sich das Entgelt für die tatsächliche Arbeitsleistung nach der jeweiligen Entgeltgruppe und der individuellen Stufe, höchstens jedoch nach der Stufe 4.
(6) Überstunden sind die Arbeitsstunden, die die oder der Mitarbeitende über den dienstplanmäßigen oder betriebsüblichen Umfang hinaus geleistet hat, soweit sie die regelmäßige Arbeitszeit (§ 6 Abs.1 und die entsprechenden Sonderregelungen hierzu) in der Woche überschreiten und später als am Vorvortag angeordnet sind.
Die Hinweise des 6. Senats des BAG (Urteil 23.03.2017 – 6 AZR 161/16) sind recht verständlich. Die Begriffsdefinition muss und kann benachteiligungsfrei ausgelegt werden. Mit »regelmäßige Arbeitszeit (§ 6 Abs.1 und die entsprechenden Sonderregelungen hierzu)« ist also die individuell vereinbarte regelmäßige Arbeitszeit gemeint. Nur so knüpft dies Bedingung gerade nicht an die Differenzierung der Arbeitsbedingungen an, sondern an die proportional verkürzte Zeitschuld.
Diese Textauslegung wird dadurch unterstützt, dass Mehrarbeit im BAT-KF nirgends begrifflich gefasst wird, also etwa gerade den Teilzeitbeschäftigten zugeordnet würde.
Für den BAT-KF, der kein Tarifvertrag ist, greift dennoch:
»Eine tarifvertragliche Bestimmung, nach der ein Anspruch auf Mehrarbeitszuschläge erst besteht, wenn die für eine Vollzeittätigkeit maßgebliche Stundenzahl überschritten wird, verstößt gegen § 4 Abs. 1 TzBfG.«
(BAG, Urteil 19.12.20187 – 10 AZR 231/18)
AVR DD § 9 Abs 1 nimmt Teilzeitbeschäftigte zunächst von Plusstunden (geplante Überarbeit) aus. Eine Verpflichtung zur Leistung von Plusstunden setzt die ausdrückliche Zustimmung des Teilzeit-Beschäftigten nicht nur zu den AVR DD voraus, sondern eine eigenständige Vereinbarung; diese kann durch die Teilzeit-Beschäftigte im Einzelfall begründet widerrufen werden.
(4) Überstunden entstehen, wenn die monatliche Plusstundengrenze von 30 Stunden (§ 9b Abs. 5 Unterabs. 2) auf Basis der monatlichen Soll-Arbeitszeit einer vollbeschäftigten Mitarbeiterin bzw. eines vollbeschäftigten Mitarbeiters überschritten wird, sofern diese Arbeitsstunden angeordnet oder genehmigt sind.
Die Begriffsdefinition muss und kann benachteiligunsfrei ausgelegt werden (BAG Urteil 23.03.2017 – 6 AZR 161/16). Mit »Basis der monatlichen Soll-Arbeitszeit« ist also die individuell vereinbarte regelmäßige Arbeitszeit gemeint. Nur so knüpft dies Bedingung gerade nicht an die Differenzierung der Arbeitsbedingungen an, sondern an die proportional verkürzte Zeitschuld. Der Einschub »einer vollbeschäftigten Mitarbeiterin bzw. eines vollbeschäftigten Mitarbeiters« ist dagegen eine benachteiligende und daher nichtige Einschränkung.
Aufgrund der »Plusstundengrenze von 30 Stunden« kommt es in der Praxis darauf nur ganz selten an. Welche Beschäftigte findet im Plan eines Kalendermonats 30 Stunden Überplanung?
Bei Teilzeitbeschäftigten ist ein Sprengen dieser Grenze allerdings eher denkbar als bei Vollzeitbeschäftigten. Daher benachteiligt diese Regelung selbst dann, wenn sie an die proportional verkürzte Zeitschuld anknüpft.